Walter Mitty
Von Hubert Keßler
Das wunderbare Leben des Walther Mitty - Oder - Wie aus einem Profil bei der Partnerbörse ein Mensch mit “Profil” wurde.
Sound: (There’s a rhythm in rush these days - Stay Alive von José González)
Walter Mitty: Wann drückst du auf den Auslöser?
Sean O’Connell: Manchmal gar nicht. Wenn mir ein Moment gefällt, ich meine, mir … persönlich, dann will ich nicht,
dass mich die Kamera irgendwie ablenkt. Dann will ich einfach nur … darin verweilen.
Kurz der Inhalt: Das Magazin – Life - wird geschlossen und soll nur noch online weiterbetrieben werden. Für die letzte Ausgabe schlägt der renommierte Fotograf Sean O’Connell von einer Serie das Bild 25 vor, „the quintessence of life“, wie er meint. Doch das Bild ist verschwunden und Walter Mitty, begibt sich auf die Suche nach diesem Bild. Der Titel des Filmes geht zurück auf eine Kurzgeschichte von James Thurber. Durch sie ist der Name Walter Mitty im Englischen zum Synonym für einen ´Tagträumer` geworden. Und um diese Figur (nicht um die Kurzgeschichte) geht es in diesem Film. Jemand, der letztlich vor der Wirklichkeit flieht.1
Doch diese Wirklichkeit holt ihn auf mehreren Ebenen ein: Einmal über eine Kollegin, in die er sich heimlich verliebt und deren Profil er in einer Partnerbörse entdeckt. Zum anderen über die Tatsache, dass seine berufliche Existenz auf dem Spiel steht, nochmals verstärkt durch das Verschwinden dieses geheimnisvollen Bildes 25. Seine Kollegin Cheryl gibt ihm den notwendigen Anstoß: „Es geht um Mut und den Aufbruch ins Unbekannte“, und so begibt er sich auf die Suche nach Sean O´Connell. Grandios gespielt von Stiller wird die Suche zur doppelten Entdeckung. Zur Entdeckung dessen, wofür die Zeitschrift mit ihrem Motto steht: „Die Welt sehen, sich an etwas heranwagen, hinter Fassaden blicken, einander näher kommen, einander zu finden und zu fühlen. Das ist der Sinn des Lebens“ und dies führt durch vielfältige Abenteuer zur Entdeckung seines eigentlichen Ichs. Träumst du manchmal noch, wird er am Ende gefragt, - eigentlich nur noch ganz selten.
Der Film spielt mit Andeutungen an das heutige Leben. Seien es die Schwierigkeiten der heutigen Printmedien, seien es heutige Partnerbörsen usw. Gerade darin gewinnt er seinen humorvollen Reiz. Der Inhaber der Partnerbörse, bei der sich Walter Mitty angemeldet hat, ruft in den unmöglichsten Momenten an, um Mitty zu helfen, sein Profilbild zu ergänzen und damit möglichst viel Klicks zu erreichen. Die abenteuerliche Suche führt jedoch dazu, dass Walter Mitty durch die lustig überzeichneten Auseinandersetzungen hindurch das Leben, sein Leben entdeckt. Die Äußerung Cheryl - „Ich liebe Rätsel. Da denkt man es gibt keine Verbindung, aber am Ende gibt es sie doch und dann ergibt alles einen Sinn“ - wird für ihn Faktum.
Aber es gibt noch eine weitere, für ihn, wichtige Person: Sean O’Connell: In seiner Aufmerksamkeit gegenüber Mitty hatte
er ihm in einer Brieftasche das Foto nur 25 persönlich zukommen lassen. Nur hatte Walter dies nicht bemerkt.
Er findet ihn schließlich bei dem Versuch, einen Schneeleopard zu fotografieren. In diesem Dialog kommt die große
Lebensweisheit dieses Altmeisters zum Ausdruck:
Sean O’Connell: Der Schneeleopard heißt auch Geisterkatze, weil er sich nämlich nie blicken lässt.
Walter Mitty: Geisterkatze?
Sean O’Connell: Schöne Dinge fragen nicht nach Aufmerksamkeit. [Im Original: They call the snow leopard the ghost
cat. Never lets itself be seen. - Ghost cat? - Beautiful things don’t ask for attention.]
Walter Mitty: Wann drückst du auf den Auslöser?
Sean O’Connell: Manchmal gar nicht. Wenn mir ein Moment gefällt, ich meine, mir … persönlich, dann will ich nicht,
dass mich die Kamera irgendwie ablenkt. Dann will ich einfach nur … darin verweilen.
Walter Mitty: Darin verweilen?
Sean O’Connell: Ja, so wie gerade. Hier und jetzt.
[Im Original: When are you gonna take it? - Sometimes I don’t. If I like a moment, I mean, me, … personally, I don’t
like to have the distraction of the camera. I just want to stay … in it. - Stay in it? - Yeah, right there. Right
here.]
Die Begegnung mit ihm führt dazu, dass Walter genau dieses lernt, er lernt, bei der Wirklichkeit, bei sich zu verweilen, sosehr, dass er das Foto bei der Redaktion abgibt (inzwischen ist ihm gekündigt worden), ohne es anzuschauen. Beim Gang am Kiosk vorbeientdecken er und Cheryl das Foto von ihm auf dem Cover der letzten Ausgabe von Life. Selbst dies nimmt er gelassen. Er braucht nicht mehr die Bestätigung durch die Öffentlichkeit. Er suchte das Bild und fand die Liebe und sich selbst, geheimnisvoll geleitet durch jemand (Im Film Sean O’Connell) der ihn besser kannte, als er sich selbst.