Gemeinsinn unter Druck
Von Hubert Keßler
Wieviel Identitätspolitik verträgt die plurale Gesellschaft?
Bundestagspräsident a.D. Dr. h.c. Wolfgang Thierse, Berlin
In aufgeheizten, teilweise aggressiven Debatten um rechte wie linke identitätspolitische Forderungen stehen sich kontroverse Positionen häufig unversöhnlich gegenüber. Immer wieder wird vor den Gefahren gewarnt, die aus den Verabsolutierungen ethnischen, kulturellen, partikulären Identitätsmerkmalen für den Zusammenhalt der Gesellschaft und den inneren Frieden hervorgehen. „Wenn Vielfalt friedlich gelebt werden soll“, bedarf es mehr als ein Nebeneinander von Mehrheiten und unterschiedlicher Minderheiten und Identitäten.
In einem vielbeachteten Beitrag forderte Wolfgang Thierse eine „immer neue Verständigung“ darüber, „was uns als Verschiedene miteinander verbindet und verbindlich ist in den Vorstellungen von Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität, Menschenwürde, Toleranz“ (FAZ, 22.2.2021). Die Frage nach der Möglichkeit und Schwierigkeit dieses Verbindenden und Verbindlichen heute, nach der sogenannten Zeitenwende, stand im Zentrum dieser Veranstaltung.
Am anschließenden Gespräch nahmen teil: